Redebeitrag vom Infoladen auf der Antirepressionsdemo in Bremen am 4.3.

Wir haben nicht schlecht gestaunt, als wir vor über vier Jahren durch einen Zufall erfuhren, dass eine Kamera auf den Infoladen Schwarzmarkt und das Wohnprojekt am Kleinen Schäferkamp in Hamburg gerichtet war. Und wir sind noch immer wütend darüber!

Nach Aussage des damalige Leiter vom gegenüberliegenden Altersheim, von wo aus die Überwachung erfolgte, hätten die Cops aufgrund der sogenannten Drogenproblematik im nahe gelegenen Schanzenpark angefragt. Was unserer Ansicht nach auch kein besserer Grund für eine Genehmigung ist.
Regelmäßig sei ein IT‘ler der Polizei zur Wartung vorbeigekommen. Dafür ging er ins Dachgeschoss in einen Raum, auf dessen Fensterbank ein Zettel mit folgender Aufschrift lag: Fenster bitte geschlossen halten, bitte nichts umstellen.
Denn der Clou an der ganzen Sache war: Die Kamera war in einer Cola-Flasche eingebaut und stand neben anderen Flaschen auf der Fensterbank.
Mittlerweile befindet sich dort keine Kamera mehr. Aber wer weiß, ob sich woanders im Haus eine neue befindet.
Nun wird uns von Seiten des Heimes versichert, dass das nicht wieder vorkommen wird, jedoch gab es auch vor mehreren Jahren bereits Anhaltspunkte, das der Schwarzmarkt aus den Räumen des Heimes heraus beobachtet wurde.

Die Cola-Flaschen-Kameraüberwachung wurde 2018 bekannt und lief offiziell 2 Monate. Ungeklärt bleibt, wie groß der Aufnahmeradius war und damit auch, wer von der Observation betroffen war.
Aber egal, wer betroffen war: ob nun Menschen, die rassistisch motivierten Kontrollen ausgesetzt sind, Besucher*innen des Infoladens oder Bewohner*innen und ihre Freund*nnen – wie im Wohnprojekt Kleiner Schäferkamp und auch hier in Bremen – wir finden Kameraüberwachung schlichtweg scheiße!
Im Fall Infoladen/KSK haben die Cops mittlerweile Ihre „Anerkenntnis“ erklärt, was soviel heißt wie:
„Ja, wir haben das gemacht und finden das gut – na und?!“

Es bleibt ein dumpfes Gefühl. Und für einige hat eine erfahrene Überwachung bleibende Auswirkungen auf den Alltag: Soll ich die Gardinen immer zuziehen, wenn ich mein Zimmer betrete?
Wer hat mich in dem von den Cops angegebenen Zeitraum besucht?
Kann ich davon ausgehen, dass davor oder seitdem keine Überwachung stattgefunden hat?
Für FLINTA* bedeutet es eine zusätzliche Verschärfung der Situation, potenziell von Cis-Männern beobachtet zu werden.

Seit über dreißig Jahren befindet sich der Infoladen in den Räumlichkeiten des Wohnprojektes am Kleinen Schäferkamp. Er ist ein wichtiger Bestandteil linksradikaler Infrastruktur in Hamburg. Und damit den Herrschenden ein Dorn im Auge. Bei aller Wut überrascht es uns daher nicht, dass linke Wohnprojekte und Läden im Visier des Staates sind. Denn das, was wir anstreben, ist ein selbstorganisiertes und herrschaftsfreies Leben.
Was uns auch in diesem Fall der offensichtlichen Repression und all den damit einhergehenden unschönen Gefühlen hilft, ist, sich über die Erfahrungen und Ängste auszutauschen und gemeinsam Strategien im Umgang damit zu finden. Denn eines ist klar: Die Angriffe des Staates auf uns dürfen nicht dazu führen, dass wir uns zurückziehen und es uns im bürgerlichen Leben gemütlich machen.

Solidarische Grüße an den Wagenplatz Querlenker!

Solidarität ist eine Waffe!