Antifa Jugend Info Hamburg (aus dem Archiv)

Eng mit der Geschichte des Infoladen Schwarzmarkt verbunden ist die bundesweite Initiative „Antifa Jugendfront“, die ab 1989 knapp zehn Jahre lang für Hamburg eine eigene antifaschistische Schüler/innen-Zeitung herausgab. Wir haben alle Ausgaben digitalisiert und stellen sie hiermit der Öffentlichkeit zur Verfügung.

Zu Beginn der antifaschistischen Schüler/innen-Zeitung befand sich unser Infoladen noch in der Paulinenstraße 15 in St.Pauli, die DDR war noch nicht von der Landkarte verschwunden und der Kampf um die Hamburger Hafenstraße noch recht frisch. Die Zeitung berichtet von der Zeit der Wende und der Abschaffung des Rechtes auf Asyl, wachsender rassistischer und faschistischer Gewalt und Morden Anfang der 90er und Widerstand von Geflüchteten und Migrant*innen dagegen. Linke Inititativen wie das antifaschistische Telefon oder antifaschistische Selbsthilfe im Stadtteil sind ebenfalls Themen, sowie konkrete regionale Akteure der faschistischen FAP oder der Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger (der 2009 verstorben ist).

Wir haben alle Ausgaben digitalisiert (und auch neben vielen anderen Materialien auf Papier im Archiv) – nicht nur um unsere Geschichte zu erhalten und weiterzutragen, sondern auch um für die Situation heute lernen zu können. Viele Fragen zu antifaschistischer Organisierung, zu Repression und Solidarität oder auch zum gemeinsamen Vorgehen gegegen rassistische Übergriffe und rechte Gewalt sind weiterhin aktuell und ähneln den Herausforderungen, vor denen wir heute wieder stehen.

Die Initiative stellt sich in der ersten Ausgabe als nicht nur antifaschistisch vor:

„Wir sind eine Gruppe von Jugendlichen, die sich organisieren, um zusammen etwas gegen die Faschisten zu unternehmen. Antifaschismus heißt für uns aber nicht nur, gegen Nazis zu sein. Wir wehren uns auch gegen die Unterdrückung, die von diesem Staat und dieser Gesellschaft ausgeht: Die Herrschenden schieben Menschen ab, obwohl ihnen in ihren Heimatländern Folter und Hinrichtung oder Hunger drohen; fast alle von uns müssen in ihrem Leben Arbeit verrichten, auf -die sie keinen Bock haben, und an der andere verdienen; in dieser Gesellschaft werden Gruppen von Menschen systematisch benachteiligt und unterdrückt: AusländerInnen; Frauen; Schwule und Lesben; Arbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen usw.“

Außerdem fordert sie auf „konkrete Informationen über faschistische Aktivitäten und Treffpunkte“ falls vorhanden über den Kontakt im Infoladen Schwarzmarkt mitzuteilen und die Artikel richten sich meist explizit an Jugendliche.

Die Titelseite der ersten Ausgabe des Hamburger Antifa Jugendinfo

Das breite Verständnis von Antifaschismus zieht sich durch die Ausgaben. Zur Ausgabe Nr.6 vom März 1991 schreibt die Redaktion:

„Nun haltet Ihr also die 6. Ausgabe des ANTIFA-JUGENDINFO’s in Euren Händen. Wegen der aktuellen Ereignisse haben wir uns entschlossen, in dieser Ausgabe hauptsächlich zum Krieg am Golf und der aktuellen Situation in der Hafenstraße Stellung zu nehmen. Das, so werden einige von Euch wohl jetzt sagen, hat wohl wirklich nicht viel mit „Antifa“ zu tun. Wir meinen schon! Unser Anspruch ist nicht nur, „Gegen Nazis“ zu sein, sondern allgemein auf faschistische und autoritäre Entwicklungen in dieser Gesellschaft hinzuweisen.“

Auch für Mobilisierungen und Auswertungen wurde die Zeitung genutzt, so zu den Ende der 90er häufiger werdenden Busreisen gegen bundesweite Naziaufmärsche. Der Name wurde für einige letzte Ausgaben erweitert um „Blow Up„.

Gegen Ende des Zeitungsprojektes wurde 1997 versucht, die Zeitung im Internet zur Verfügung zu stellen – zu diesem Zeitpunkt ein ungewöhnlicher Plan, da das Internet noch deutlich weniger genutzt wurde und es auch nur möglich war, statische html Seiten zu erstellen. Im Infoladen Schwarzmarkt war ab der Jahrtausendwende ein Internet-Terminal aufgebaut, mit dem sich relativ anonym im Netz bewegen ließ. Es gab aber nur eine Handvoll linker Seiten – erst mit dem Start von Indymedia (https://de.indymedia.org/) im deutschsprachigen Raum änderte sich dies nach und nach. Pionier war das Kollektiv nadir.org aus Hamburg,welches noch immer als Kommunikationsstruktur im Netz existiert.

BLOW UP the system ! NR.18 Winter 97/98 - Dies ist die erste "BLOW UP the system!", die ins WWW geht.
Wir werden bemüht sein Neuerscheinungen immer schnell ins Web zu bringen! 
Im folgenden seht Ihr die Links zu den Artikeln der ersten Online-Ausgabe: 
https://www.nadir.org/nadir/periodika/blow_up/

Die letzte Ausgabe des Antifa Jugend Info Hamburg erscheint im Herbst 1998, damit kam die Zeitung insgesamt auf 19 Ausgaben plus zwei Extraausgaben.

Der Infoladen Schwarzmarkt bestand immer aus verschiedenen Gruppen und Strömungen und hatte und hat verschiedene thematische Schwerpunkte. Der Themenschwerpunkt Antifaschismus wurde vor allem in den 90er Jahren gestärkt, auch wenn es in den 70er und 80er Jahren auch schon militante antifaschistische Zusammenhänge gab. Auch heute haben wir neben dem „Antfaschistischen Infoblatt“ aus Berlin auch regelmäßig „der Rechte Rand„, die „Lotta“ und seit einigen Jahren die Neuerscheinungen „Hingeschaut“ und „Alpendistel“ sowie vereinzelt Broschüren zum Thema im Sortiment, als Leseexemplar und zu kaufen. Die meisten antifaschistischen Publikationen archivieren wir auch vor Ort und teiweise auch digital.

Hier sind nun alle Ausgaben des „Antifa Jugend Info Hamburg / Blow Up“ digital als pdf: